21. Jungfrau-Marathon 14. September 2013

  • Danke an Bodo. Sitzen in der Schweiz und lachen nach einer Flasche Rotwein ueber Bodos Bericht - Spitze! So wissen wir jetzt auch unsere Zwischenzeiten.


    An Trabi: Irgendwie wusste ich schon, Bernau war nicht die optimale Vorbereitung, aber Bernau war gut. Heute habe ich gelitten... Maik


    Kerstin: War mein schwerster und schoenster Lauf, aber Bergpanorama, Stimmung und Wetter entschaedigen fuer alles.


    Wir sind beide gesund und machen den Lauf besser vorbereitet auf jeden Fall noch mal!


    Mehr im Laufbericht! (Morgen 10 Stunden Bahnfahrt)


    Prost! Maik und Kerstin


    :W

  • Glückwunsch euch beiden! Dass es sehr schwer gewesen sein muss,
    zeigen nur die letzten 4 Km des Grauens, für die Maik 45 Min. benötigt
    hat und Kerstin 52 Min. Das liest sich, als wäre das Finish eine besonders
    viehische Anstrengung gewesen. Respekt fürs Schaffen und gute Erholung!

  • Hier nun der ...
    ... Laufbericht 21. Jungfrau-Marathon 14. September 2013
    (auf der langen Rückfahrt geschrieben)


    Wir – Maik und ich – sind bereits am Donnerstag direkt von Berlin Hbf nach Interlaken Ost angereist. Vom Bahnhof nur über ein Flüsschen erreichten wir den Campingplatz, von Maik perfekt ausgesucht. Schnell die Zelte aufgebaut und dann ging’s zur ersten Ortsbegehung. Noch war die „Jungfrau“ in Wolken gehüllt. Der Wetterbericht sagte aber für den Lauftag Sonne und bis 18° voraus.
    Auch der Morgen vor dem Lauf war bereits traumhaft schön – wie im Urlaub – blauer Himmel, Sonne, Frühstück am Fluss mit Blick auf die schneebedeckten Berge. Das haben wir nach einem kurzen Morgenlauf reichlich genossen. Im Ort herrschte bereits Laufstimmung, die Startgerade schmückten Fahnen mit den Fotos der Sieger und Siegerinnen aller bisherigen 20 Läufe. Auf der Marathonmesse war es noch ruhig, am Nachmittag begann aber bereits das Laufprogramm: u.a. mit Rennen der Handbiker (mit Hans Frey) sowie zahlreichen kids-Läufen – über die Meilendistanz oder für die Jüngeren über 200m (es ging bis zur U6 – da waren die Jüngsten um die 2 – 3 Jahre). Stimmung und Streckenkommentare wie bei den Profis! Wir haben es uns in der Sonne und bei Apfelstrudel gut gehen lassen, die Wettkämpfe verfolgt und immer wieder einen Blick zum Jungfrau-Bergpanorama mit zahlreichen Paragleitern geschickt. Ich hatte noch keine Vorstellung, was mich da am Folgetag erwarten würde, allerdings als Bergwanderin Respekt vor den Bergen.
    Am Abend hatten wir noch das eine oder andere Läufergespräch, u.a. mit Teilnehmern am Comrades-Ultra in Südafrika. Eine Vielzahl von Teilnehmern war nicht das erste Mal am Start, und ich fühlte mich als Flachlandläuferin, noch dazu ohne besondere Vorbereitung auf einen solchen Lauf ein wenig wie eine Anfängerin - fast 3 Wochen Laufpause im August und gerade einmal 2 Wochen intensivere Laufvorbereitung, einem 30km-Lauf im Vorfeld… Maik hat sich große Mühe gegeben, meine Aufregung in Grenzen zu halten.
    Die unmittelbare Vorbereitung verlief ruhig und ohne Besonderheiten: Pasta-Essen im großen Zelt (im Startpreis inbegriffen), Vorbereitung der Laufkleidung, Startnr…. – Maik hatte mich bei dem Wetterbericht von kurzer Laufkleidung überzeugt, kein Gramm zuviel – da war ich während des Laufes mehr als glücklich, diesem Rat gefolgt zu sein. Ich hatte auf der Marathonmesse neue Mizuno-Laufschuhe gekauft und sie mitsamt der Socken am Nachmittag gut „eingelaufen“, wie ich fand. Ich hatte ein so gutes Gefühl darin, dass ich beschloss, sie zum Lauf gleich einzuweihen. Rechtzeitig gingen wir „zu Bett“, ich war alle Stunde wach und erst gegen Morgen noch einmal richtig eingeschlafen.


    Auf einem Zeltplatz kann man nicht verschlafen: 6:40 aufstehen, um 7 Uhr war ein Marathon-Frühstücksbüffet mit allem Notwendigen aufgebaut – wir haben in aller Ruhe gefrühstückt, vom Campingplatz brauchten wir ja nur ein paar Minuten bis zum Startbereich. Perfekte Logistik eben! Noch ein – zwei Fotos, dann die Kleiderbeutel abgegeben, kein hektisches Hin und Her. Es waren angenehme Temperaturen, sodass selbst vor dem Start (um 9 Uhr) in kurzer Kleidung kein Frösteln aufkam – wenn dann höchstens Gänsehaut bei der Fest-Stimmung: Alphornbläser und Fahnenschwinger, Vorstellung der Elite-Läufer, Spielen der Nationalhymne. Dann gab ein ordentlicher Böllerschuss das Signal zum Start, zu dem 4800 Läufer, ca. 970 davon Frauen, angetreten waren.


    Zunächst wurde eine ca. 5km-Schleife durch den Ort Interlaken gelaufen, Tempo wie beim Stadtmarathon, ca. 5:30-er Schnitt. Nichts tat weh, ich fühlte mich gut. Bis km 10 verlief die Strecke flach – so auch das Tempo, zügig loslaufen, so hatte ich Maiks Worte im Ohr, ab km 26 geht es sowieso nur noch gehend bergan. Die Anfeuerungsrufe der Zuschauer brachten einen erst recht auf Trab, der 5:30-Pacemaker lag noch hinter mir, der 6Min.-Pacemaker sollte mich später erst bei km 18 etwa einholen. Wir liefen an einem See vorbei durch kleine Ortschaften wie Bönigen, Wilderswil, Gsteigwiler – die Vorstellung vom „Schweizer Temperament“ wurde bestens bedient: vom Akkordeon über Riesenkuhglocken oder Schüssen vom Schützenverein, immer wieder Musikgruppen – so wurden wir am Streckenrand begleitet. Bei km 12 gab es den ersten kleinen „Anstieg“, der diese Bezeichnung ob der nachfolgenden, tatsächlichen Anstiege nicht wirklich verdient hat. Ich ging trotzdem erstmals ein kurzes Stück, es war bereits ordentlich warm, ein Toilettengang wurde immer unaufschiebbarer. Endlich bei km 15 (Bahnhof Zweilütschinen) eine gute Gelegenheit und der Kreislauf war wieder entlastet, vorerst. Ab da verlief die Strecke leicht bergan, alles noch gut zu laufen, dabei konnte ich das Bergpanorama genießen. Vor Lauterbrunnen kam der nächste Anstieg, wo ich ein paar Schritte ging. Aber die Leute an der Strecke feuerten einen so an, dass ich gleich wieder ins Laufen überging. Bei 2h:15 überlief ich die HM-Linie. Nun ging es in eine Gebirgstalschleife, auf der anderen Seite des Baches sah ich die weiter vorn liegende Läuferkette, noch war alles gut, unterhalb von steilen Wänden schaute ich hoch zu herabstürzenden Wasserfällen und dachte noch nicht daran, dass es ja irgendwann bald irgendwo richtig hoch gehen müsse. Bis hierin – km 25 – 26 – schaute ich immer mal zur Uhr. Nun kamen „nur noch“ 16 – 17 km, aber eben noch gute 1300 Höhenmeter. Ich wartete auf die „Ausruhwanderstrecke“, wo man ja „nur noch“ bergan gehen musste…
    Ja, und dann war sie auf einmal da, die Wand steil bergauf, in scheinbar endlosen engen Serpentinen hinauf nach Wengen. Bald darauf die Ausschilderung km 26,25!! Es ging von hier ab in 250-Meter-Schritten bis ins Ziel. Wie lang 250 Meter sein konnten, dass hatte ich bis zu diesem Lauf nicht wirklich gewusst, zig Minuten für so ein Teilstück, 450 Höhenmeter auf 4km. Schwitzen war kein Ausdruck, der Kreislauf bekam ordentlich zu tun, die Muskulatur nicht minder. Hier kämpften bereits nicht Wenige mit Krämpfen. Trinken, trinken … Und von Tempo war keine Rede, mir wurde zum ersten Mal klar, dass hier Finishen keine Selbstverständlichkeit war, im Nu war eine halbe Stunde weg. Im Nachhinein sehe ich 1h für diese 4km – unglaublich. Aber in Wengen wurden wir wieder mit toller Stimmung empfangen, wie schon unterwegs auf dem Anstieg standen groß und klein, jung und alt immer wieder mit Kuhglocken oder anderen Anfeuerungsinstrumenten. Und es gab die nächste Verpflegung – auf die war wirklich Verlass: Iso, Wasser, ab ca. km 30 – 32 Cola, Bouillon, Riegel, Bananen, Gel. Da war wirklich keine Eigenverpflegung nötig. Ich behielt meine Trinkflasche allerdings bis kurz vorm Ziel, füllte sie immer wieder etwas nach, um unterwegs ab und an einen Schluck trinken zu können. Je höher wir kamen umso beeindruckender das Panorama von Eiger, Mönch und Jungfrau sowie dem hinter uns liegenden Tal. Die Zahnradbahn verläuft parallel zur Wander- und Laufstrecke – klingt alles sehr idyllisch. Irgendwann kam dann das 32-km-Schild in Sicht – also die letzten 10km lagen vor mir. Es war etwas unter 4h. Aber es kamen ja noch ca. 800 – 900 Hm!! Zum Glück hatte ich diese Zahl während des Laufes nicht im Kopf. Inzwischen schaute ich schon lange nicht mehr auf die Uhr, lief nur nach Gefühl, es ist schon ein Unterschied, ob ich am Rennsteig auf 900 m laufe oder hier zwischen 1000 und 2000 Hm. Es gab auch keine geraden Strecken, meist ging es bergan, dann ab und an kurz bergab, um gleich wieder bergan zu steigen. Bergab rannte ich das kurze Stückchen und auch sachte Berganstücken, die einem zunächst fast eben vorkamen, dann „hangelte“ ich mich wieder in 250-Meter-Abständen nach oben. Sonst können bei Ultra-Läufen schon km-Markierungen nerven, hier war ich froh und sehnte das nächste 250m-Schild herbei. Ab km 35 etwa griff ich dann immer zu Cola und Wasser, den Rest Wasser schüttete ich mir über den Kopf, in Abständen wurden auch Schwämme zum Erfrischen gereicht – das tat gut! Nun waren es ja nur noch 7km, kurz kam der Gedanke der „Umrechnung“ auf gewohnte Strecken auf – noch 2 FH-Runden. Aber das war nur kurz, solche Umrechnung gültet hier nicht. Sämtliche bisherige Lauferfahrung schien über den Haufen geworfen. Irgendwann später, bei km 37 etwa war in der Ferne der Läuferlindwurm sich bergan windend zu sehen, unterhalb des Gletschers, der sich auch unterwegs mehrfach meldete - mit lautem Krachen stürzten Gletscherstücke in die Tiefe. Der Blick für die Umgebung blieb bei aller Anstrengung bis zum Schluss – das macht den Lauf eben auch zum schönsten der bisherigen Läufe!!!
    Ich fragte mich natürlich, wo das Leiden denn nun ein Ende haben würde, gab dies an einen Mehrfachläufer weiter. Sein lapidarer Kommentar: „Nur noch hier runter – dann wieder hoch (das war in der Ferne abzusehen), dann noch mal ein Stück bergab und wieder hoch und dann ist es SCHON geschafft“. (Das ist in etwa das Teilstück, für das ich noch einmal eine Stunde gebraucht habe… ) Ein Stück bergab, gefühlt jedenfalls, das konnte ich wieder „rennen“ oder wie immer man diesen Laufstil jetzt nennen mochte. Zur rechten Zeit – bevor es wieder in den Anstieg ging – standen Alphornbläser und Fahnenschwinger – nochmals Gänsehautkribbeln und erstmals das Vorgefühl: Die letzten km – das muss doch zu schaffen sein. Aber noch war es zu früh für Freudentränen, Konzentration war angesagt. Hier ging es über Gebirgswege – jetzt nicht noch kurz vor Schluss stürzen… Hier ging es nur noch im Gänsemarsch voran, ab und an war Warten angesagt, also Durchatmen, Berge schauen und der Blick reichte auch für den herrlich blühenden Bergrittersporn. Ein Blick nach oben verriet nichts Gutes – der Läuferlindwurm wand sich oberhalb noch weiter bergan…
    Nach km 40 liefen wir ca. 500 m auf der Moräne bergan zum höchsten Punkt der Strecke auf 2100Hm, davor spielte unermüdlich ein Dudelsackspieler. Ich hatte Maiks Worte im Ohr: Wenn Du am Dudelsackspieler vorbei bist, dann schaffst Du es auch bis ins Ziel, von hier ist es nicht mehr weit. Aber ich sah nach einem kurzen Bergabstück die Läuferschlange wieder nach oben kriechen – das sollte das letzte Berganstück werden. Oben gab es die letzte Verpflegung – Schokolade und Trockenobst, auf dem Abstieg griffen helfende Hände unter die Arme, damit man auf den Steinen nicht noch wegrutschte – und da war sie in Sicht – die Kleine Scheidegg, das Ziel mit Massen von Menschen. Nun kullerten doch die ersten Tränen und vergleichsweise „locker“ versuchte ich, wenn es auch steil bergab ging, wieder ein Stück zu laufen. Hier traf ich den Comrades-Run-Läufer vom Vorabend fast auf der Ziellinie wieder. Dann ging es doch noch einen Mini-Anstieg unter der Ski-Piste durch, da halfen die Anfeuerungsrufe „Kerstin, gleich geschafft“.


    Jetzt sah ich nur noch das Ziel – ich konnte noch lachen, die Zeit (es wurden 6h:04) – völlig egal, ich war angekommen und offensichtlich alles heil!!!


    Gleich nach dem Ziel gab es die Medaille und eine Trinkflasche – jetzt kullerten noch einmal kurz die Freudentränen. Die Bierschlange ließ ich aus, danach war mir gar nicht. Ein Gewusel und irgendwo in der Menge rief Maik, der schon um die anderthalb Stunden vorher im Ziel war und wartete. Meine ersten Worte waren so etwa: „Geschafft! Das mache ich noch mal!“ Alles gut, in neuen Schuhen keine Blasen, die Beine tragen einen noch, einfach nur glücklich, nach diesen Strapazen (die lassen sich nicht wirklich beschreiben) angekommen zu sein. Von 4800 Startern haben ca. 3900 das Ziel erreicht – die Freude, es als „Neuling“ geschafft zu haben, ist mehr als berechtigt! Das Zeitlimit – 6h:30 wird hier eisern eingehalten. Das geht ja auch nicht anders, die Leute müssen ja auch alle noch im Hellen runter vom Berg.


    Es hat wirklich nahezu alles gepasst: Wetter, Landschaft, Stimmung … einzigartig! Auch jetzt stehe ich dazu: Das mache ich noch einmal, allerdings mit besserer Vorbereitung! Mehr ging nicht und es ist auch nicht der Lauf für Zeitziele – jedenfalls nicht für mich.


    Hier oben am Ziel war auch alles bestens organisiert: Finisher-Shirt, warme Duschen (mit Fön-Station bei den Frauen), und ab und an ein Gruß, ein kurzes Gespräch mit Läufern vom Rennsteig oder von unterwegs, trotz des Gewusels traf man sich irgendwie. An Essen und Trinken konnte ich noch nicht recht ran, mir reichte der halbe Liter Iso-Getränk in der Trinkflasche.


    Frisch geduscht, umgezogen, konnte ich das riesige Bergmassiv noch einmal in Ruhe bestaunen, bevor es teilweise hinter Wolken verschwand. Maik gab mir noch einmal die Gipfelerklärung.
    Bergab ging es mit der Zahnradbahn, von wo aus wir – dank Maik – sogar sitzend die Bergwelt beschauen konnten, ganz bewegungslos. Anderthalb Stunden per Zahnradbahn bis Lauterbrunnen, von dort noch einmal mit dem Zug ein paar Minuten bis Interlaken. Auch der Abwärtsweg auf Rädern braucht seine Zeit.


    Wieder im Zelt am Startbereich angekommen, konnten wir unsere Urkunden in Empfang nehmen. Um 19 Uhr gab es bei Riesenstimmung die Siegerehrung. Über Bildschirme wird im Zeitraffer der Lauf der Erstplatzierten eingespielt, unglaublich wie sie auf diesen Strecken noch rennen können!


    Nun geht es auf zu den nächsten Laufzielen – bis zum Berlin-Marathon in 14 Tagen diese Form nur noch halten (nicht der 8:40er Schnitt ist damit gemeint ;) und in 5 Wochen Mallorca, danach schauen wir weiter … irgendwann wieder ist der Jungfrau-Marathon angesagt. Wer hat Lust auf Grenzen austesten und neue Lauferfahrung sammeln ???



    Tja, Kerstin hat ja alles berichtet, so ist es...kein „Kindergeburtstag“ aber alles freiwillig!!!!
    Bei mit lief es bis Kilometer 26 hervorragend und dann war ich, im Anstieg nach Wengen, einfach fix und fertig.... und wenn MANN weiß was noch auf einen wartet, ist es nicht einfacher. Aber irgendwann ging es auch wieder besser und man kämpft sich ins Ziel. Die letzten 4 km hab ich sicher knapp 10min. im Stau stehen lassen, aber dass ist völlig unwichtig, an diesem Tag zählte nur noch gesund finishen!!!!
    Wetter, Panorama, Organisation wieder super Klasse. Beim nächsten mal einfach besser vorher trainieren und vielleicht Bernau nur als Fan mitmachen!


    Wir sehen uns morgen im Park. Berlin und Palma kann kommen!!!!

  • Glückwunsch euch beiden! Ich kann mir nichts schlimmeres vorstellen, als einen Berg hochzurennen. Der Bericht bestätigt mir das wieder.


    Das mit dem "neue Schuhe gleich mal zum Marathon anziehen" findet man übrigens in keinem Lehrbuch :roll: