35. Rock'n'Roll Maratón de Madrid / 22.04.12

  • Laufbericht 35. Madrid-Marathon, am 22. April 2012:
    Eine Woche ist es her, dass ich bei bestem Wetter (sonnig, kaum Wind, am Morgen um die 10°- 11°C, die bis zum Mittag die 20°-Grenze aber doch übertroffen haben) und in bester Stimmung den Madrid-Marathon beendet habe. Ich hatte ihn als langen Lauf vor dem Rennsteig eingeplant, ich ahnte dabei im Vorfeld nicht, dass einige Anstiege – insbesondere der lange Zielanstieg von km 34 bis 42 – so hart werden würden.


    Aber ich fange am besten von vorn an: Die Startgebühr für den Lauf betrug 50€ – für Shirt, Rucksack, Handy-Tasche und eine gute Versorgung vor, während und nach dem Lauf. Auch hier gibt es vorab eine Messe, mit Pasta-Party. Ich hatte in den Tagen meines Aufenthaltes schon einige Punkte der Laufstrecke gesehen oder bin sie abgefahren, hatte schon reichlich Stadt- und Museum-km in den Beinen. Es ist eine sehenswerte Stadt und eine sehr schöne Laufstrecke. Wäre ich sie mit Kamera gelaufen, dann wäre ich nicht zum Laufen gekommen, da wir gerade im Stadtzentrum sehr viele historische Gebäude, Plätze passiert haben. Ein paar Tage für die Reise einzuplanen ist wirklich empfehlenswert (den Prado u.a. für Goya-Liebhaber oder das Museo Centro de Arte Reina Sofia mit dem berühmten Picasso-Gemälde „Guernica“, aber auch Parks oder Ausflüge in die Umgebung – viele Eindrücke neben dem Lauf). Auf Grund des Profils ist der Kurs nichts für eine Bestzeit, ich hatte mir etwa einen 6Min.Schnitt/km vorgenommen. Noch am Vorabend dachte ich – völlig k.o. von zwei Museen, Park-Spaziergang, dass ich selbst dieses Ziel kaum schaffen würde.
    Ich hatte mir dann noch das Ziel-Gebiet angesehen, wo die Kleiderbeutel abzugeben waren, ca. 2km vom Start entfernt im sehr schönen Parque de el Retiro. Dadurch entzerrte sich der Trubel vor dem Start etwas, man muss die Zeit aber einplanen, um rechtzeitig am Start zu sein mitten im Zentrum von Madrid am Plaza de Colón, wo es den Boulevard vom Start an bergauf ging. Ich war schon etwas warmgelaufen: Zum einen vom Hotel zur Metro und dann ein Stück der 2km-Strecke zum Start. Am Morgen war es noch frisch, aber über die Laufkleidung musste man sich an diesem Tag vom Wetter her keine Gedanken machen. Über Sonnenschutz schon eher, aber daran hatte ich nicht gedacht…


    Start war um 9 Uhr im Stadtzentrum, für zwei Startfelder gleichzeitig: Marathon und 10km. Insgesamt waren ca. 18 000 Läufer am Start, davon knapp 10 000 Marathon-Läufer. Unter den 10 000 Marathonläufern waren nur ca. 1000 Frauen, das kam mir auch vom Starterfeld schon recht wenig vor. Auch während des Laufes waren um mich herum nicht so viele weibliche Vertreterinnen zu sehen. Umso mehr wurden wir angefeuert! „Chicas! Que fuerte ! » Die Stimmung war gut – es war nicht so voll an den Straßenrändern wie in Berlin, aber gerade im Zentrum und an den Anstiegen am Schluss wurden wir gut angefeuert. Die 10km-Läufer haben eine kleine Runde im Zentrum gedreht und dort konzentrierte sich das Publikum. Der Lauf trug ja das Motto „Rock`n Roll Marathon“ – an der Strecke spielten Bands, die für gute Stimmung sorgten. Und die Läufer (vor allem die spanischen) machten selbst Stimmung mit „Viva Espana“-Rufen, auf den ersten km wurde auch die Fußball-Partie vom Vorabend Barca: Madrid „ausgewertet“. An den Anstiegen wurde es im Läuferfeld aber auch mal still – jeder hatte zu kämpfen. Als nach ca. 3km die 10km-Läufer abbogen, wünschten sie uns noch eine Menge Kraft und gutes Durchhalten für die „restlichen“ km – eine nette Geste, fand ich!
    Es gab mehrere Startblöcke von Elite, 1 – 5, ich bin im 2. Startblock gestartet (bis 3h45 Min.), hinter mir dann der 4h-Startblock. Es gab aber nur einen Startschuss. Den 3h45 Min-Ballon ließ ich gleich ziehen und „wartete“ auf den 4h-Ballon, der mich dann auch irgendwann erreichte, mal kurz vor –mal kurz hinter mir war. Alle 5km wurden die Zeitmatten überlaufen und am Ende kann man einen sehr genau aufgeschlüsselten Überblick über die einzelnen Laufabschnitte mit km/h, Zeit/km, virtueller Platzierung einsehen. Schon beeindruckend – das Zahlen-Gewimmel…


    http://www.maratonmadrid.org/r….asp?carrera=8&pid=100206


    Aber wie heißt es sinngemäß übersetzt zu Beginn des Marathon-Journals: „Ich weiß nichts von Positionen und Zeitmarkierungen zu berichten. Ich verdanke mein Glück der Zugehörigkeit zur ‚Truppe’ .“ – von Shakespeare, ob er jemals gelaufen ist …?? Es war jedenfalls schön, dabei zu sein…


    Ich hatte nach wenigen km das Gefühl, es könne durchaus ein Lauf um die 4h werden … aber warten wir mal ab… ob mich nicht doch der „Einbruch“ irgendwo ereilen würde ;).


    Von Anfang an versuchte ich regelmäßig zu trinken. Bis km 15 gab es alle 5km einen Getränke- bzw. Verpflegungsstand, danach alle 2,5km Wasser in kleinen Flaschen und Powerade in Bechern. Bei km 30 gab es eine Gel-Station, sonst feste Nahrung (Bananen etc.) erst am Ziel, dort dann reichlich. Zur Sicherheit ein – zwei Gels dabei zu haben, kann nicht schaden. Der Lauf wurde im Vorfeld als besonders umweltfreundlich beschrieben. Die Gewohnheit der Läufer ist leider eine andere. Es gab Tonnen und Müllsäcke meist langgezogen nach den Verpflegungsstationen. Aber mit der Macht der Gewohnheit lässt ein Teil der Läufer alles sofort fallen (ich spreche hier nicht von der Spitze des Feldes), die Flasche ein paar Meter später fallen zu lassen, ist nicht wirklich ein Zeitverlust… Aber es gab Stellen, da schien es zu funktionieren. Das System mit den Flaschen scheint sich in einigen Regionen durchzusetzen. Ein Teil des Wassers habe ich schon bald zur Erfrischung über Kopf und Arme gegossen. Denn allmählich wurde es wärmer, bedingt auch durch die immer wieder auftretenden Anstiege. In der ersten Hälfte waren sie meist noch kürzer und oft gab es zwischendurch eine kleine Erholungsstrecke bergab oder auf gleicher Höhe. Damit kam ich gut klar. Inzwischen hatten wir auch das Zentrum mit dem Platz „Puerta de Sol“ und der Calle Mayor (kurz vor km 20) mit viel Stimmung und Anfeuerung verlassen und liefen hinaus in Richtung Naherholungsgebiet „Casa de Campo“. Hier war es weniger schattig als in den Häuserschluchten, aber grün, ab und an etwas „luftig“ und ruhiger. Mit Verlassen des Parks, so ab km 34 – wo der Marathon so richtig beginnt – da ging es dann los mit den langgezogenen Anstiegen, die weh taten. Oder besser einem Anstieg ohne große Entlastung. Immer mal war von weitem ein gespanntes Tor zu sehen und ich dachte, dort sei man endlich oben, aber nein. Irgendwann ging ich dann auch zwischendurch ein Stückchen bergan, die 4h-Ballonläufer liefen wieder an mir vorbei, aber mein Blick zur Uhr sagte mir, ich sollte es trotzdem unter 4h schaffen. Dies versicherten auch die Anfeuerungen der Zuschauer an dieser Stelle. Auch die nette Bezeichnung für den Anstieg „la última rampita“ (letztes „Rämpchen“ oder wie auch immer auf deutsch) machte es nicht leichter, aber lustig fand ich die Verkleinerung schon. Das letzte Stück zum Ziel hin – das hatte ich im Kopf – war wieder eben und nach 3h57:32 bin ich dann froh, zufrieden (deutlich unter der selbst angepeilten Zielzeit von 4h:12), mit einem Lächeln und ausgepowert ins Ziel gekommen.
    Dort gab es keinen Stau, da Medaille und Verpflegung ein paar Meter hinter dem Ziel verteilt wurden. Bis zum Kleiderzelt waren es ein paar Meter zum Auslaufen und vor allem um viel Flüssigkeit zu tanken. Die Medaille lag richtig schwer um den Hals. Für erste angenehme Erfrischung sorgten Helfer, die die Beine mit Eisgel besprühten – eine sehr gute Idee, die so manchem Läufer einen Aufschrei entlockte. Es gibt keine Duschen (nur auf der Strecke einige) oder Umkleidezelte, Massagebänke ja.
    Glücklich es so gut geschafft zu haben und auch voller schöner Laufeindrücke, genoss ich die Sonne auch nach dem Lauf reichlich – und holte mir den ersten Sonnenbrand in diesem Jahr ;)
    Es wurde so ziemlich auf den letzten Läufer gewartet und diese persönlich am Ziel empfangen, häufig Teilnehmer der Aktion „Den Krebs besiegen“, die in Begleitung eines oder mehrerer Coaches gelaufen sind. Als der Sieger des Marathons wurde nicht der Kenianer Patrick Korir in 2h:12:07 gefeiert, sondern der an ALS erkrankte 37jährige Carlos García Espada, der im Rollstuhl von seiner Familie und einem Ärzteteam über die Strecke gefahren wurde und nach ca. 4h im Ziel war.


    Ein Lauf mit vielen Eindrücken und durchaus auch einmal ein Ziel für eine Laufreise (Marathon und 10km), nichts für Bestzeiten, aber mit viel Kultur.


    Mit meiner Zeit war ich 5186. von insgesamt 9959 Finishern, 196. von 1015 Frauen und 17. von 109 Läuferinnen in meiner Altersklasse. Da bin ich mehr als zufrieden und sehe nun den beiden nächsten Höhepunkten Rennsteig und Biel entgegen…


    P.S. Ein paar Fotos schicke ich an Bodo.