24 h Schwimmen 27./28.10.2012

  • Eigentlich wollte ich an diesem Tag auch in der Döberitzer Heide durch den Schlamm rennen, aber an dieser Schwimmveranstaltung wollte ich ebenfalls schon immer teilnehmen. Da diese ja jetzt direkt vor meiner Haustür stattfindet, entschied ich mich dann doch für die saubere Sache:
    http://www.berliner-wasserratt…ownloads/24h/Info2012.pdf


    Kleiner Tipp für die Verrückten:
    Man könnte auch an beiden Veranstaltungen teilnehmen. Ich habe extra per email nachgefragt und folgende Antwort erhalten:
    "Vielen Dank für die Anfrage.
    Für das 24-h-Schwimmen ist keine Voranmeldung nötig. Einfach zu einer beliebigen Zeit zwischen Sa 17:00- So 17:00 Uhr zur Schwimmhalle kommen und vor Ort anmelden."


    Also, erst in den Schlamm und dann ins Wasser!!! (Ich bin leider zu faul für sowas und zu normal.)

  • 24Stundenschwimmen im Paracelsiusbad vom 27.10. 17:00 bis 28.10. 17:00 (also in Wirklichkeit 25 Std.)
    Strecke:
    30050m
    reine Schwimmzeit:
    ca. 15h 30 min
    Pausen: ca. 1h 30min
    Platz:
    2 von 320


    Ich habe mich nach einem Wettkampf noch nie so zerschlagen und ausgelaugt gefühlt.
    Wenn man nur einige Hundert- oder Tausend Meter geschwommen ist, fühlt man sich hinterher sofort wieder topfit und denkt: Schwimmen ist doch eine sehr weiche Sportart, die kaum Spuren hinterlässt und überhaupt keine Regenerationszeit benötigt, wie beim Laufen u. Radfahren. Aber nach 30km kehrt sich das Ganze genau ins Gegenteil. Im Gegensatz zu einem Ultra tat mir nach diesem Wettkampf wirklich alles weh, nicht nur die Beine, ich fühlte mich krank, sah aus wie der Tod auf Badelatschen und konnte mich vor Schmerzen zu Hause kaum hinlegen, und als ich lag, nicht wieder hochkommen. Langstreckenschwimmen ist wirklich ein sehr hartes Brot.


    So gegen 17:40 habe ich angefangen zu schwimmen. Vorher habe ich mich noch nach den Regularien erkundigt, was die Pausen betrifft und das angebliche "Nicht Verlassen Dürfen Der Bahn". Da habe ich erfahren, dass man durchaus das Wasser verlassen und bis zu einer halbe Stunde Pause machen kann, wenn man sich beim Rundenzähler abmeldet u. wieder anmeldet. Man darf nur nicht die Schwimmhalle verlassen oder stundenlang wegbleiben.


    Am Anfang schickte man mich auf eine Bahn, auf der Kind und Kegel, extrem Alte und Langsame gemütlich vor sich hintrieben, also aus meiner Sicht nur Hindernisse zu umschiffen waren. Das war extrem frustrierend für beide Seiten, für mich, weil ich ständig zu Überholmanövern bei Gegenverkehr ansetzen musste und für die anderen, weil ich dabei ziemlich robust zu Werke ging.
    So nach 2 Stunden hatte man ein Erbarmen und schickte mich auf die Bahn mit den Wettkampfschwimmern. Hier war ich jetzt das Hindernis, was mich aber kaum störte. Es gab auch ein paar Leute auf dieser Bahn, die genauso langsam waren und in deren Wasserschatten ich eine Zeit lang bleiben konnte. Ich musste mich am Beckenrand halt jedes mal umschauen, ob gerade ein paar Hihgspeedleute direkt hinter mir waren und die erst mal vorbeilassen, bevor ich mich selbst abstieß.
    Nach fast 9km war ich so erschöpft und ausgekühlt, dass ich das erste mal Pause machen musste. Nach 12km machte ich die zweite Pause und fühlte mich richtig schlecht. Mir war übel von dem vielen geschluckten Chlorwasser und ich habe noch mehr gefroren und war sehr müde. Hier dachte ich das erste Mal, dass ich wohl bald werde aufhören müssen. Aber in der Pause aß ich u.a. meine mitgebrachten Energiegels, die ich eigens wegen ihres hohen Coffein-, Taurin- u. Guaranagehalts gekauft hatte und es ging mir wieder gut und von Müdigkeit war bis zum Schluss keine Spur mehr. Die zweite Pause machte ich erst nach 19km und schmiedete schon Pläne, ob ich vielleicht sogar einen Halbmarathon schaffen könnte. Nach 22km dachte ich, dass doch 24km eine gute Zahl wären für ein 24Stundenschwimmen. 1km/h schwimmen, das kann doch jeder. Nach 25km konnte ich nicht mehr richtig schwimmen, weder Brust noch Kraul, weil mir die Oberarme weh taten, vor allem der linke. Da kam ich auf den genialen Gedanken, dass das vielleicht daran liegen könnte, dass ich immer nur nach rechts atme. Also probierte ich, nach links zu atmen, obwohl ich damit immer große Probleme hatte und siehe da, die Schmerzen waren leicht erträglich beim Kraueln und ich konnte dann auch abwechselnd ohne große Schmerzen nach rechts u. links atmen, also die berühmte Dreieratmung machen, die einem von allen Schwimmexperten so dringend empfohlen wird. Trotzdem, nach 28km, morgends um 7:00 war ich so kaputt, dass ich beschloss, nur noch die 30 voll zu machen und dann aufzuhören. Darüber freuten sich wohl auch die Helfer und die DRK Leute, denn seit meiner 2.Pause muss ich so schlecht ausgesehen haben, dass jedesmal einer zu mir kam und fragte, ob noch alles in Ordnung sei und mir Tipps gab, was man beim Langstreckenschwimmen so beachten sollte.


    Abends um 17:00 bin ich noch mal ins Paracelsiusbad gefahren (sind ja nur ein paar hundert Meter), um mir die Siegerehrung anzuschauen. Da erfuhr ich, dass der Sieger nur ein paar Km mehr hatte als ich, aber nichts in der Welt hätte mich dazu bringen können, die auch noch zu schwimmen.


    Besonders verblüffend: Bei den Frauen hatte mit 16 km ein kleines türkisches Mädchen von 9 Jahren gewonnen. Das gab ein großes Hallo und Gelächter, als ihr der Pokal überreicht wurde.


    Im Ganzen war das eine gut organisierte, kleine, familiäre Veranstaltung bei permanenter, aber nicht komplett niveauloser Musikberieselung, ohne besondere "Highlights". Jeder bekam eine Urkunde und eine Medallie, aber nur die Gesamtsieger bei Männern und Frauen wurden geehrt. Ich ging daher leer aus.
    Sollte ich dort noch mal teilnehmen, würde ich aber erst gegen 22.00 Uhr anfangen, denn 24 Stunden hält man sowieso nicht durch und das Gedränge am Samstagabend würde ich mir nicht noch einmal antun. Am Sonntagmorgen so ab 2:00 war es dagegen schön leer.

    Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke.


    Fotos

    2 Mal editiert, zuletzt von trabi ()

  • Oh man, echt wahnsinns Leistung!!!


    Haette man auch mit Neopren schwimmen koennen? Aber selbst damit koennte ich mir das nicht vorstellen soviel zu schwimmen. 10km wuerde ich mir noch zutraun, aber alles danach ist echt fraglich. Das man sich schnell erholt kann ich nur bestaetigen. Nur irgendwann kommt sicherlich die allgemeine Erschoepfung hoch, gerade wenn man 17 Stunden ohne richtiger Verpflegung dabei ist.


    Erhol dich gut!

  • meissi
    Neo ist in der Halle natürlich generell nicht erlaubt, aber das Frieren war immer mein größtes Problem. Solange man noch Power hat, merkt man nichts davon, sobald die Kräfte nachlassen, wird man nicht nur langsamer, sondern schafft es auch nicht mehr, seine 36° zu halten. In diesem Fall habe ich schnell das Wasser verlassen, um mich wieder aufzuwärmen u. Kraft zu tanken.
    Ich war durchaus gut verpflegt mit Bananen, Mohrübensaft und festen Energieriegeln. Ich hab mich nicht nur von Aufputschmitteln und Chlorwasser ernährt. Ein heißer Kaffee in den Pausen wäre natürlich schön gewesen, aber den hätte ich mir auch selbst mitbringen müssen - den Schwimmern wurde absolut nichts angeboten.
    volker
    Ich hätte nicht weiter schwimmen können ohne links atmen oder Dreierrythmus - nur da haben die Arme nicht weh getan. Das war wirklich ein Aha-Effekt, wie schnell einseitige Belastungen im Ausdauersport zu Schmerzen führen und wie leicht man diese beseitigen kann. Zuerst dachte ich natürlich auch, es läge einfach an der Länge der Belastung.

  • 30 km schwimmen! Gratulation zu dieser WahnsinnsAusdauer- und Willensleistung!Ohne eine äußere Ablenkung (und sei sie auch noch so unangenehm wie Schnee, Matsch oder Berge) - das ist nicht wirklich vorstellbar für mich. Ich wünsche Dir gute Erholung! Kerstin

  • Lieber Jan,
    in meinem (nur eingeschränkt sportaffinen) Freundes- und Bekanntenkreis gelte ich als Marathonläufer schon als Extremsportler und harter Kerl. Jetzt weiß ich: Ich bin keiner. Du schon. Hut ab vor dieser Leistung. Erhol Dich gut.
    Holger