Beiträge von kolbh

    11.10.2009, München-Marathon (MM)
    Der MM ist hinsichtlich der Starter- und Finisherzahl immerhin die Nr.5 in Deutschland (nach Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt), ist in vielerlei Hinsicht aber anders als andere Großstadtmarathons. Den MM kann man als Mann schon mit einer Zeit von knapp unter 2.30 h und als Frau mit einer unter 3.00 h gewinnen, die Weltelite und auch die nationale Laufelite macht also einen großen Bogen um den Lauf; kein Wunder, am selben Tag ist mit Chicago ein World Major-Marathon und in der Woche davor der Köln-Lauf mit vielen kenianischen Top-Läufern.
    Trotzdem ist die Teilnahme in München jedem Hobby-Läufer zu empfehlen. München ist eine fantastische Stadt. Als gebürtiger Fürstenfeldbrucker schwingt dabei vielleicht etwas Lokalpatriotismus mit, aber auch Nicht-Bayern können sich dem Charme der Südmetropole schwer entziehen. Ein besseres Sightseeing als den MM gibt es nicht. Los geht es im Olympiagelände. Über viele Jahrzehnte war es das pulsierende Herz der Sportstadt München, mittlerweile ist es etwas verlassen, da sowohl der FC Bayern als auch die Münchner Löwen mittlerweile in der imposanten, aber in einer menschenleeren Mondlandschaft an der Autobahn gelegenen und daher seelenlosen Arena spielen. Von dort geht es nach Schwabing, in den 70er Jahren Künstlerviertel, heutzutage Schicki-Micki-Quartier und Altbau-Paradies. Anschließend geht es über die Münchner Prachtstraßen Leopold- bzw. Ludwigsstraße, hier ist ordentlich was los. Der Zuspruch des Publikums ist bei km 5 zwar noch nicht nötig, gut tut er trotzdem. Von dort aus geht es nach Bogenhausen, das Zehlendorf Münchens. Man passiert eine schöne Villa nach der anderen und biegt in den Englischen Garten ein. Dort läut man eine ganze Weile im Grünen und vergisst, dass man gerade in der drittgrößten Stadt der Republik ist. Der Englische Garten ist im Sommer das Paradies, Mitte Oktober aber verlassen und zuschauerfrei. Einzige Ausnahme ist der Aumeister am nördlichen und der Chinesische Turm (hier ist im Sommer der schönste Biergarten der Republik) am südlichen Ende des Englischen Gartens. Nach etwa 10 km reinem Naturlauf biegt man ca. bei km 15 Richtung Osten ab und nähert sich den am wenigsten attraktiven Abschnitten des Laufs. Es geht durch ein kleines Industriegebiet im Münchner Osten Richtung Berg am Laim und Leuchtenbergring. Viel zu sehen gibt es hier nicht, vereinzelt stehen Zuschauer am Rand. Imposant hier ist höchstens das Verlagsgebäude der Süddeutschen Zeitung. Am Ostbahnhof hat man den unschönen Teil des Laufs hinter sich. Es geht wieder Richtung Innenstadt, man passiert das Isartor, das deutsche Museum, hat schon einen Blick auf den Marienplatz, läuft aber noch einen kleinen Schlenker über den Oberanger Richtung Sendlinger Tor. Hier ist München so wie man es sich vorstellt: bayerisch, liberal, gemütlich, urban. Am Marienplatz ist richtig was los, das tut gut, denn mittlerweile hat man mehr als 30 km in den Beinen. Die Zuschauer machen hier ordentlich Lärm. Das Olympiagelände naht bereits wieder, allerdings kommt nun noch ein Sightseeing Schlenker, der u.a. an der Theresienstr. und am Karolinenplatz vorbeiführt, schließlich ist man wieder auf der Münchner Prachstr. und macht sich auf die letzten 5 km. Man sieht dann bereits das berühmte Münchner Zeltdach, läuft außen einen halben km um das Stadion herum, mit lauter Beschallung und Lichteffekten durch den Tunnel in das Stadion ein und dreht eine 3/4-Runde im Stadion. Man hat den Lauf geschafft, kann sich den Endorphinen hingegeben und auf den berühmten Münchner Rasen (auf dem Gerd Müller 1974 das Siegtor gegen die Niederlande geschossen hat) legen.
    Pluspunkte sammelt der MM aufgrund der tollen Organisation: Es gibt einen sehr zuverlässigen Pacemaker-Service. Zudem ist Verpflegung mit Wasser, Tee, isotonischen Getränken, Bananen und Energieriegeln erstklassig. Im Ziel gibt es eine schöne Medaille, Plastikumhänge gegen den Wind, Brezen und Weihenstephaner Weizen alkoholfrei (das gibt es auch schon bei km 38). Aufgrund der eher moderaten Teilnehmerzahl (ca. 10.000 insgesamt, 6.500 Marathon, 1.500 Marathon-Staffel, 2.000 10 km) ist es auch ein entspannter Lauf ohne viel Gedränge und Stress.
    Allerdings - und das muss selbst ich als Lokalpatriot zugeben - hat der MM in der Stadt keinen großen Stellenwert. Es gibt die Hot Spots, an denen man wirklich nach vorne gepeitscht wird, aber (zu) viele Streckenabschnitte sind eher dünn oder gar nicht besucht. Dort ist man dann ein Einzelkämpfer. München ordnet eben dem Fußball alles unter, es gibt weder eine Bundesligamannschaft im Handball noch im Basketball noch im Eishockey und auch der Marthon hat eben nicht den Stellenwert wie in anderen Städten.
    Egal, für mich war es ein Quasi-Debut, mein letzter Lauf ist fast 10 Jahre her (und stammt in vielerlei Hinsicht aus einem anderen Leben). Ehrfurcht und Demut haben mich daher veranlasst, mich auf den ersten Kilometern an den 4h-Zugläufer dranzuhängen. Ab km 22 bin ich dann etwas schneller geworden und bin schließlich mit 3.53.40 ins Ziel. Das ist ordentlich, aber (auch für mich) nichts großartiges. Nicht nur deshalb gilt: Nach dem Marathon ist vor dem Marathon, d.h. im Früjahr 2010 wird die Jagd auf die 3.50-Marke begonnen. Kandidaten sind Wien, Düsseldorf oder Hamburg.

    :arrow: Marathon am 11. Oktober 2009
    :arrow: Startort: Ackermannstraße zwischen Spiridon-Louis-Ring und Schwere-Reiter-Straße
    :arrow: Ziel: Olympiastadion
    :arrow: Strecke: Elisabethstr., Ludwigstr, Leopoldstr, dann wenden; Englischer Garten bis zum Aumeister, Chinesischer Turm, dann rein nach Bogenhausen, über die salzbrücke nach Oberföhring , runter bis Berg am Laim, Ostbahnhof, Rosenheimer Platz, Sendlinger Tor, Odeonsplatz, kleinen Sightseeing-Schlenker über Königsplatz, Leopoldstr, dann hoch ins Oly
    :arrow: Pacemakerservice