40. Rennsteiglauf / 12.05.2012

  • Alle stecken ja noch voll im Laufjahr 2011. Aber es "herbstet" allmählich, und sicher schaut diese oder jener bald auch nach vorn ins nächste Jahr. Ich habe grad den aktuellen Newsletter zum Rennsteiglauf bekommen - immerhin im nächsten Jahr zum 40. darf man mit der Quartiersuche nicht zu lange warten, wie die hohen Anmeldezahlen der "Wiederholungstäter" zeigen. Ich möchte den langen Kanten zum 40. noch einmal in Angriff nehmen. Vielleicht hat ja der/die eine Lust auf einen schönen + anspruchsvollen Landschaftslauf (es gibt ja auch den Halb-Marathon und Marathon ;)) Kerstin


    Der Kultlauf wird 40! Liebe Rennsteiglauffamilie,


    nachdem 1.753 !!! Läuferinnen und Läufer die Möglichkeit genutzt haben, sich unmittelbar nach dem 39. GutsMuths-Rennsteiglauf für das 40-jährige Jubiläum des ostdeutschen Kultlaufes anzumelden, ist am 1. September der offizielle Anmeldebeginn für alle Strecken. Für alle Rennsteiglaufinteressierten lohnt sich die frühzeitige Anmeldung, da die Anmeldegebühr wie in den vergangenen Jahren, zum Lauftag hin in drei Schritten erhöht wird.
    Die Informationen zum 40. GutsMuths-Rennsteiglauf mit Streckenangeboten und Preisen finden Sie in der aktuellen Ausschreibung. Über das Rennsteiglauf-Portal ist die online-Anmeldung ab sofort bis zum Meldeschluss freigeschalten.

  • Nachdem ich schon so viele Rennsteigläufe mitgemacht habe, will ich mir das große Jubiläum natürlich nicht entgehen lassen.
    Und für alle Kranken und Fußlahmen sei auch von meiner Seite noch einmal betont: Es gibt den Halbmarathon und den Marathon!

  • Da das neue Jahr immer näher rückt und ich gerade bei den Laufanmeldungen war, habe ich mich nun definitiv für den langen Rennsteig angemeldet. Max ist auch bereits beim Trainieren, in Jena immerhin mit ein paar Bergen/Hügeln in der Umgebung.


    Wer hat noch Lust - beim Jubiläumslauf (dem 40.) dabei zu sein? Es muss ja nicht der Ultralauf sein. Marathonstrecke oder Halbmarathon sind auch möglich.


    Mehr Infos s. http://www.rennsteiglauf.de
    (und frühere Laufberichte)


    Kerstin

  • Max im Ziel :W


    Name - Hommel, Max (GER)
    Verein - Uni Jena
    Altersklasse - MHK
    Startnummer - 2300
    Gesamt
    Platz (M/W) 698
    Platz (AK) 51
    Platz (Gesamt) 749
    Zielzeit (Netto) 07:53:43
    Zielzeit (Brutto) 07:54:55


    Splits
    Split Tageszeit Zeit Diff min/km km/h Platz
    17 km 07:57:16 01:55:32 01:55:32 06:48 8.83 -
    37 km 10:01:22 03:59:38 02:04:06 06:04 9.91 -
    54 km 11:52:07 05:50:23 01:50:45 06:27 9.32 -
    64 km 13:03:11 07:01:26 01:11:03 07:39 7.85 -
    Ziel



    .

  • Kerstin im Ziel :W


    Hommel, Kerstin (GER)
    Verein - FH Runners Berlin
    Altersklasse W50
    Startnummer 1492


    Gesamt
    Platz (M/W) 126
    Platz (AK) 21
    Platz (Gesamt) 1335
    Zielzeit (Netto) 08:38:56 - PB ( -3:47 )
    Zielzeit (Brutto) 08:40:10


    Splits
    Split Tageszeit Zeit Diff min/km km/h Platz
    17 km 08:00:53 01:59:07 01:59:07 07:01 8.56 -
    37 km 10:21:12 04:19:27 02:20:20 06:51 8.77 -
    54 km 12:27:37 06:25:51 02:06:24 07:21 8.16 -
    64 km 13:47:47 07:46:01 01:20:10 08:38 6.96 -
    Ziel
    ----------------------------------------------------------------

  • Gratulation auch natürlich von mir. Max mal eben bei seinem ersten Wettkampflauf, der länger als 30 km ist, schneller als seine Mutti. So viel ich weiß und wie man ja auch sieht, hast du sehr ordentlich dafür trainiert :W


    Und Kerstin Laufleistungen lassen sich ja sowieso nicht mehr in Worte fassen. Biel kann kommen . . .

    Almost any runner can do a great workout now and then, but consistency is the key to productive training. (Jack Daniels, PhD)

  • Vielen Dank für die Glückwünsche, der Laufbericht folgt gleich (muss ihn nur noch in den PC tippen). Vielleicht gibt es ja doch einmal Mitstreiter für eine der Strecken mit dem "schönsten Ziel der Welt in Schmiedefeld" ;)
    Bis demnächst, leider nicht an diesem Dienstag - ich will neben dem Laufen meine Sozialkontakte nicht ganz vernachlässigen... Sicher bin ich am 22.5. wieder dabei. Glückwunsch an Iris, Marion und Olivia zu den guten Zeiten! Das lässt doch sehr hoffen, dass wir irgendwann zu einem Wettbewerb eine Frauenstaffel zustandebringen. Viele Grüße! Kerstin

  • Damit er nicht noch länger wird: Hier mein diesjähriger Rennsteiglaufbericht:


    Mein 3. Super-Marathon am Rennsteig zum 40. Rennsteiglauf 12.05.2012


    Mit einer ersten kurzen Distanz, aber noch am „Tatort“ Eisenach geschrieben – mein Rennsteiglaufbericht 2012. Täter kehren bekanntlich zum Tatort zurück… Ich habe diesmal am Tag danach einen Abstecher zum Burschenschaftsdenkmal, oberhalb von Eisenach gelegen, gemacht und dabei die ersten Höhenmeter von Eisenach bergauf noch einmal „nachvollzogen“, nicht im Laufschritt natürlich. Es geht beim Verlassen von Eisenach gleich bergan, was man aber in der Starteuphorie, mitten in der Läuferschar und vor allem noch im Vollbesitz seiner Kräfte gar nicht so spürt. Von hier oben hat man einen schönen Blick auf die Wartburg, auf Eisenach und den Thüringer Wald – das ist ja auch ein Reiz dieses schönen Landschaftslaufes.
    Details zum Lauf selbst könnt Ihr den Laufberichten der Vorjahre entnehmen. Dieser Lauf am Rennsteig war für mich ein besonderer, nicht nur weil es der 40. Rennsteiglauf mit Rekordbeteiligung war: Diesmal war Sohn Max mit am Start – das machte den Lauf – auch wenn wir ihn nicht gemeinsam absolvierten – zu einem besonderen Erlebnis: Wir haben ihn beide gut beendet – mit vielen Eindrücken und Kampf unterwegs, vor allem auch sehr zufrieden mit dem Resultat: Max gleich beim 1. Ultra-Lauf (ohne vorherigen Marathon-Wettkampf) bei diesem Streckenprofil mit 7h:53 unter 8h und ich auch in persönlicher Bestzeit, noch einmal mehr als 6 Min. schneller als im Vorjahr und 50 Min. schneller als vor 2 Jahren. (Max wird seinen Laufbericht sicher noch schreiben, dem möchte ich nicht vorgreifen). Es war mein 3. Supermarathon am Rennsteig und jeder Lauf fühlte sich im Vorfeld, unterwegs und danach anders an, war auf jeden Fall immer wieder eine neue Herausforderung.


    Wir waren am Vorabend bei schwülwarmen 27° -28° bei der Kloßparty auf dem Eisenacher Markt dabei. Hier gibt es keine Pasta-Party, sondern Thüringer Klöße, Rotkohl und Gulasch – was braucht ein Ultra-Läufer noch am Vorabend – ein Köstritzer Schwarzbier! ;) Dazu goss es bald auch noch in Strömen. Die Temperaturen waren für den Lauftag mit 10° - 12°C zum Glück deutlich kühler vorhergesagt, es sollte auch trocken bleiben. Für mein Empfinden hätten es 2° - 3° mehr sein können, in den Höhen lagen sie gefühlt oft im einstelligen Bereich. Meine Finger haben bei Halbzeit nur schwer die Schnürsenkel lösen und binden können, um die Steinchen aus den Schuhen zu entfernen. Das hat ewig gedauert…
    Am Startmorgen konnten wir, da rechtzeitig erschienen, miterleben, wie sich der Eisenacher Marktplatz bis vor 6 Uhr mit 2590 Supermarathonis füllte – Rekordteilnehmerzahl. Die einen waren so wie wir mit den Startvorbereitungen beschäftigt (WC, Umziehen, welches Shirt, Weste ja/nein, falls es doch noch regnet… Fotos vor dem Start…), der eine oder andere war noch beim Zähneputzen – also ein ganz besonderes „Völkchen“ – diese Supermarathonis! Dann fiel der Startschuss, noch schnell „Viel Glück“ wünschen und selbstverständlich spielte (und sang wer konnte) das Rennsteiglied. Bis km 10 etwa hatte ich Max noch im Blick, was ihm beim Wiedertreffen nach den ersten km schon einen ungläubigen Blick und „Du hier?!“ entlockte. Aber mir war – entgegen allen anderen Vorhersagen - klar, dass Max deutlich vor mir im Ziel sein müsste (wenn er sich nicht übernimmt und unterwegs nichts passiert), er hatte schließlich seit dem Winter viele längere Trainingsläufe, z.T. mit Rucksack und vor allem im hügeligen Thüringer Wald in den Beinen (ein kleiner „Heimvorteil“ ;)) Hingegen hatte ich in diesem Jahr aus Zeitgründen kaum Bergtraining (außer 2-3x alle Friedrichshainhügel erklommen und den Madrid-Marathon) und auch keinen Lauf oberhalb der Marathonstrecke gemacht. Unser nerviger kleiner Anstieg im Hain ist jedoch für den Kopf ein gutes Training: So wie im Hain habe ich mir oft bei den „flachen Kuppen“, die ich laufend überwinden wollte, gesagt: Zieh, nur noch ein Stückchen, dieses Stückchen noch …!
    Max hat nach dem Lauf u.a. gesagt: „Man braucht die Erfahrung, aber Unwissenheit schützt einen auch!“ Man weiß nicht genau, was noch kommen mag, aber das ist vielleicht auch besser…?? Vor dem Start war ich mir als „Wiederholungstäterin“ diesmal etwas sicherer, dass ich es schaffen kann (wenn nichts wie ein Sturz o.ä. -> s. unten passiert) – das WIE? bleibt trotzdem eine Frage. Nach kaum Bergtraining habe ich die Anstiege sehr viel härter als im Vorjahr gespürt. Die bessere Zeit habe ich sicher zumeist in den Bergabstücken herausgeholt, immerhin haben das die Beine gerade auch auf den letzten 10km gut mitgemacht. Die bin ich in ca. 53 Minuten gelaufen, damit nur knapp langsamer als Max, wie wir heute in der „Laufnachlese“ beim Frühstück festgestellt haben. Es ist ein Lauf, bei dem das Durchhaltevermögen, der Kampf gegen den sogen. inneren Schweinehund, das Erleben der eigenen Grenzen unterwegs zählen, nicht so sehr die Endzeit. Mal abgesehen von der Spitze und dem sensationellen Streckenrekord des Erfurters Christian Seiler – in 5h:10 Min. Was für ein km-Schnitt auf solch einem Kurs – unvorstellbar!
    Es ist auch ein Lauf für alle, die nach neuen Herausforderungen suchen, die sich gern auch mal quälen und ihre Grenzen austesten wollen ;), für die, die die Atmosphäre von etwas kleineren Traditionsläufen mögen… Daher schlage ich den Lauf gern noch einmal für eine Laufreise vor, denn einmal im Läuferleben …
    Apropos Zeiten, die Laufzeiten unterwegs lassen sich aufgrund des abwechslungsreichen Profils nicht hochrechnen oder herunterbrechen. So habe ich im Gegensatz zu den letzten 10 km für die km 54 - 64 etwa 1h:20 gebraucht. Das sind alles Überlegungen danach gewesen – während des Laufes spielt das so gut wie keine Rolle. Aber als ich bei km 65 – 66 merkte, es geht noch und dass eine neue Bestzeit am Ende da stehen könnte, bin ich noch einmal „durchgestartet“ und habe mit Ausnahme einer kurzen Trinkpause und einer Gehpause an einem Anstieg das zügige Tempo bis zum Ziel halten können.
    Am Ziel war ich dann doppelt froh: Max rief mich von den Zuschauermengen kurz vor der Ziellinie (schon nicht mehr in Laufkleidung) – da wusste ich, er war heil und super durchgekommen. Ich hatte auch die neue Bestzeit geschafft. Da passte die Melodie zum Zieleinlauf: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen unnd dann würde was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein…
    Ja, und noch ein Nachtrag zur Endzeit: Zur Halbzeit stehen da 4h:19:27 – das mal 2 ergibt: 8h:38:54.
    Meine tatsächliche Nettozeit war dann mal wieder eine Punktlandung: 8h:38:56 (soviel zum Hoch- und Hin- und Herrechnen, es hat sich einfach so ergeben ;))


    Hier noch einige Gedankensplitter von unterwegs, die nach und nach aus dem Unterbewusstsein auftauchen, sowie kurz danach:
    - Wie bereits die Jahre zuvor war ich um 9Uhr auf dem Inselsberg oben, diesmal ohne Sonne und mir war ordentlich frisch.
    - Die Verpflegung war wieder mit viel Liebe in Handarbeit zubereitet, u.a. „Schnittchen“ mit Fett, Wurst, Butter oder Quark. Die Bezeichnung Schleim wurde durch den netter klingenden Namen Suppe ersetzt – Heidelbeersuppe! Lecker, oder? So wurde die Verpflegung bei Halbzeit auf der Ebertwiese schon von weitem angepriesen: … am 2. Stand Heidelbeersuppe, am 3. Stand heiße Würstchen … Alles, was das Läuferherz begehrt ;) Es wurde jedenfalls reichlich zugegriffen.
    - Hier geht das Umweltkonzept auf, die meisten Läufer werfen ihre Becher und Abfälle in die Müllsäcke, außerdem sind die Trinkbecher biologisch abbaubar ;)
    - Mir kam es vor, als hätten Steine und Wurzeln unterwegs im Vergleich zum Vorjahr noch zugenommen ;) Ich musste mich stellenweise sehr auf den Boden konzentrieren. Am Ziel haben wir jede Menge Läufer gesehen, die vom Sturz gezeichnet waren.
    - Ich weiß nicht mehr genau, wann und wo es war – da verlief der Rennsteig neben der Straße und es fuhren bereits vollbesetzte Busse mit meist Halbmarathonläufern vom Zielort Schmiedefeld kommend an uns vorbei… Da hatten wir noch einiges vor uns…
    - Damit es mir nicht so ergeht wie einem der ersten Rennsteiglaufsieger (der beim In-die-Büsche-Hocken einen Oberschenkelkrampf bekam und aufgeben musste), benutzte ich – aber erst kurz vorm Ende – eines der aufgestellten Dixie-WC und nicht das Waldklo. Etwas mehr Flüssigkeit hätte ich unterwegs zu mir nehmen können, aber durch die Kälte bekam ich gar nicht so viel herunter.
    - Nicht zu vergessen ist der Service nach dem Ziel: eine heiße Dusche und diesmal sogar frisch geputzte WC-Häuschen mit einer netten Toilettenfrau, die wie viele Hunderte Helfer freundlich und gut gelaunt bis zum Schluss war.
    - Beim Abholen der Sofort-Urkunde bzw. des Zielfotos auf dem Festgelände in Schmiedefeld lohnt ein „Blick“ in die Historie (aus der neuen Rennsteiglauf-Broschüre „Vom Abenteuer zum Kultlauf“): 20.05.1978 – „Die elektronische Zeiterfassung mit der Plaste-Lochkarte bewährt sich. … Mit Erfolg kommt erstmals das rechnergestützte Zeiterfassungssystem von ROBOTRON Zella-Mehlis offiziell zum Einsatz“
    -> und aus demselben Jahr „Erstmals wird aus Anteilen von Babynahrung der legendäre Haferschleim verabreicht.“ Aus welchen Bestandteilen er heutzutage zusammengemixt wird, weiß ich nicht – auf jeden Fall ist er sehr magenfreundlich … Und ein Nachtrag dazu aus der Statistik: 1050 Päckchen Haferflocken wurden zu Haferschleim gekocht…
    Mit der Zeit kommen sicher noch viel mehr Erinnerungen, aber der Bericht kann ja auch nicht länger als die Strecke werden. ;)


    Auf der Zugrückfahrt mit einem letzten Blick zum Inselsberg und einem erneuten Staunen darüber, wie viel des Weges wir doch gestern zu Fuß zurückgelegt hatten, möchte ich nicht ausschließen, dass ich im nächsten Jahr um diese Zeit wieder am Rennsteig dabei bin. Er hat seine ganz eigene Faszination, nicht nur für mich. Der britische Ultra-Läufer Matthew Lynas schreibt ins Rennsteiglaufgästebuch: „Ich bin Ultraläufe auf jedem Kontinent gelaufen, aber der Rennsteig ist wirklich der freundlichste und schönste Traillauf, den ich bisher lief.“ Wenn das keine Werbung ist…
    Vielleicht finden sich ja im nächsten Jahr Mitstreiter unter Euch ??

  • Hier ist nun der Laufbericht von Max - er ist immer noch nicht dazu gekommen, sich im Forum anzumelden.


    1. Super-Marathon am Rennsteig zum 40. Rennsteiglauf 12.05.2012


    Ich weiß gar nicht, wo ich genau anfangen soll zu berichten. Es war 3:45 Uhr, der Wecker klingelte und draußen ist es noch so dunkel, dass ich meine Hände nicht mal mehr vor dem Gesicht sehen konnte....weil ich sie in den Hosentaschen hatte. Ich war doch sehr aufgeregt. Mein erster Supermarathon und zuvor nicht mal einen offiziellen Marathon gelaufen! Von 25km auf 72,7km. Nicht wenige schauten einen komisch an. Es schwirrten viele Fragen in meinem Kopf herum: Habe ich die letzten Wochen und Monate ausreichend trainiert? Erreiche ich das Ziel? Wie erreiche ich das Ziel? Werde ich die meiste Zeit gehen? Werden die Schmerzen unerträglich werden? Wird mich der Rennsteig in die Knie zwingen?
    Auf dem Marktplatz angekommen legte sich die Aufregung ein wenig und ich versuchte den Lauf anzugehen wie jeden anderen. Der eine oder andere putzte sich noch schnell die Zähne, andere machten die letzten Beweisfotos bevor es losgeht. Ein lustiges Volk. Es war deutlich zu erkennen, dass ich mit meiner Teilnahme das Durchschnittsalter deutlich senkte. Als dann um 6 Uhr der Startschuss fiel bekam ich Gänsehaut am ganzen Körper...vielleicht weil es auch sehr frisch war. Der Weg ins unbekannte Abenteuer konnte endlich beginnen. Nach nicht mal einem Kilometer befindet man sich schon im ersten langen Anstieg. Aus Euphorie läuft man diesen noch relativ zügig hoch. Jetzt schon gehen? Das wollte sich kaum einer geben. Ich kam schwer in den Lauf rein. Ein Laufrhythmus ist durch das ständige auf und ab schwer zu finden. Nach 5km ungefähr, völlig versunken in der Musik und dem Lauf schaute ich nach links und kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Was sah ich da nur? Rote Haare, klein gebaut, Fh Runners - Shirt. Meine Mutter war neben mir. Mein Kopf arbeitete: Wie kann sie nur so schnell sein? Bin ich so extrem langsam? Aber schneller geht auch nicht? Das hat mich doch ein wenig runtergzogen. Aber ich blieb cool und zog mein Tempo durch. Das die ersten 10km lang jeder Kilometer ausgeschildert ist war für mich nicht gerade hilfreich. Ich fing doch an viel nachzudenken: Wieso läufst du um diese Uhrzeit solch eine Strecke und liegst nicht noch vollbetrunken im Bett von der letzten Party?!


    Die erste Etappe war der Gipfel des Inselsbergs. Ein beschwerlicher langer Weg. Oben angekommen war ich doch schon sehr erschöpft und der Abstieg gab meinen Gelenken den ersten K.O Schlag. Doch ich hielt mich immer fleißig an den Puls und lief so eigentlich nie die Gefahr zu übersäuern. Es war doch sehr schön mit anzusehen, dass am Anfang an den Verpflegungen nur kurz angehalten wird und gleich wieder weiter gerannt wird. Mit zunehmender Länge der Strecke ändert sich dies. Da sagt man sich dann: Ach, bis zum nächsten Mülleimer kann ich ja noch gehen bevor ich das Tempo wieder aufnehme. So zögert sich dies immer weiter hinaus. Ich denke auch nur aus diesem Grund funktioniert das System mit den Mülleimern hinter den Verpflegungspunkten. Die Verpflegungsstellen waren sehr schön. Es gab eine große vielfältige Auswahl für Jedermann. Ich fühlte mich ganz gut und probierte alles aus. Auch die Bockwurst bei der Halbzeit gönnte ich mir, sowie den Haferschleim ab und zu, viele Bananen und auch mal eine Stulle mit Quark. Denn Quark macht ja bekanntlich stark. Meine Trinkflasche füllte ich immer wieder mit Wasser auf. Ich denke, dass ich zu viel gegessen habe auf der Strecke, aber ich hatte doch Angst davor, dass ich einen Hungerast bekommen würde oder mir die Kräfte ausgehen könnten.
    Ein Satz, der vermutlich sinnvollste den ich in meiner ganzen Bundeswehrzeit gelernt habe, schwirrte mir immer im Kopf herum: "Nicht mehr können ist ein Zeichen von nicht mehr wollen." Für mich kam nie in Frage auszusteigen bei Kilometer 55 oder das Ziel nicht zu erreichen. Ich habe es mir in Gedanken immer wieder vorgestellt, wie ich „das schönste Ziel der Welt“ erreiche. Doch dachte ich auch immer an Nikolaus und seine Berichte von diesem Lauf, die mich in meiner Euphorie und Tempo an manchen Stellen zügelte.


    Im Kopf fängt der Lauf erst so richtig sich ab Kilometer 55 ziemlich in die Länge zu ziehen. Die nächste Kilometeranzeige wollte nie kommen und auch der höchste Punkt der Strecke ließ lange auf sich warten. Ich versuchte dann immer nach der Zeit zu laufen und rechnete mir aus, wie lange ich für 5km bräuchte ungefähr und wann ich dann mit dem nächsten Schild rechnen könne. Diese Rechnung konnte ich jedoch nach jedem Anstieg, und davon waren es nun mal sehr viele, immer wieder verwerfen. Besonders das 70km Schild kam gefühlt nach einer halben Ewigkeit.


    Am Vorabend bei der Pasta-Party mit Klößen und Gulasch meinte ein Läufer zu mir, dass man ab Kilometer 68 nur noch ins Ziel fällt, da es ständig bergab ginge. Und es stimmte. Auch wenn der Abstieg weniger erfreulich ist für die Knie, aber jeder noch so kleine Anstieg machte mich ebenfalls im Kopf fertig. Egal was also noch kam, recht machen konnte man es mir damit auch nicht mehr. Nach dem ich das 70 km Schild entdeckte wurde der Schlusssprint gestartet. Hätte nie damit gerechnet so gut fühlend auf das Ziel zuzulaufen. Die letzten 1000m muss man dann einfach genießen. Ein paar Freunde warteten im Zielbereich auf mich, was einen noch mehr Freude aufkommen ließ, auch wenn mein Blick nach diesem Ritt dem nicht so ganz entsprach. Nach 7 Stunden 53 Minuten und 43 Sekunden erreiche ich überglücklich das Ziel. Dieses Gefühl hat sich gelohnt für das Training der letzten Wochen und Monate und den Verzicht auf Alkohol und Partys. Ein unglaubliches Gefühl.
    Anschließend nur schnell die Sachen holen, unter die Dusche, sowie in neue und deutlich wärmere Sachen schlüpfen. Bis auf meine Knie und Oberschenkel fühlte ich mich den Umständen entsprechend noch sehr gut. Der Schmerz geht, der Ruhm bleibt.
    Mit dem Bus wieder zurück konnte man die Strecke noch mal aus anderer Sicht genießen. Das Aussteigen nach 90 min Fahrt war jedoch für alle eine Qual und ein außenstehender dachte sich sicherlich, welcher Krüppelverein wohl da gerade angekommen ist.


    Am Abend und nächsten Morgen wird man noch gefragt, ob ich im nächsten Jahr wieder dabei sei. So kurz nach den ganzen Anstrengungen und Strapazen konnte ich es mir nicht wirklich vorstellen diese Strecke erneut in Angriff zu nehmen. Auf der Heimfahrt, mit Blick auf den Inselsberg, wusste ich tief im inneren: Im nächsten Jahr werde ich versuchen erneut an den Start zu gehen. Einmal Rennsteig immer Rennsteig.


    Es war eine große Herausforderung, doch noch lange nicht die größte.


    Was mir am meisten gefiel, weshalb ich mich auch auf solch einen Lauf vorbereitet habe, ist die ruhige, gelassene und entspannte Atmosphäre am Start, sowie auf der Strecke bei den Verpflegungspunkten, im Gegensatz zu den deutlich kürzeren Strecken und vor allem den Stadtläufen.


    Vermutlich hätte ich ein Buch über diesen ersten Lauf schreiben können, bei 7std und 53 min gibt es doch zu viel, was man erlebt auf der Strecke und was einem im Kopf vorgeht.

  • Danke für diese tollen Berichte, hat Spaß gemacht zu lesen :W


    Die Photo's sind klasse, Kerstin lachend .......!!!!! , und Max sieht wenigstens geschwitzt aus :mrgreen:




    Ich werde wohl nur jedes Jahr die "Hommelberichte" lesen, denn mitlaufen is' nicht.
    Berge, 72km, nee Danke :roll: