Baltic-Run 2017 Etappenlauf

  • Laufbericht: Etappen 4& 5 Baltic-Run 2017 Berlin – Usedom


    (geschrieben im fahrenden Bus zurück von Usedom nach Berlin)



    Im Bus von Usedom nach Berlin fahre ich grad ein Stück Strecke der 4. Etappe Eggesin - Stadt Usedom zurück. Die Strecke zieht sich beim Fahren, vor 4 Tagen bereits zig km in den Beinen hatte ich eher das nahende Ziel vor Augen.



    Als ich zu den Läufern dazu stieß, am Dienstag 25.7. hatten diese eine Regen-Etappe hinter sich, nicht zu vergessen die Helfer an den Verpflegungspunkten, die stundenlang im Regen ausharrten. Ich war bereits vom Bhf. Eggesin zur Unterkunft in der Turnhalle pitschnass. Dort wurde ich sofort gut aufgenommen. Die Stimmung war vom Wetter unbeeindruckt.
    Abends Tagesauswertung, Siegerehrung, Einweisung in die nächste Etappe 4, reichlich essen und trinken. 22 Uhr Nachtruhe, Gruppe 1 würde bereits um 7 Uhr starten, ich als Etappenläuferin würde mit der schnellen Gruppe um 8 Uhr an den Start gehen. Der Regen trommelte die ganze Nacht aufs Turnhallendach, übertönte jedes Schnarchen... fast unwirklich, dass wir im Trockenen und Warmen lagen. Noch... kurz nach 5 Uhr war die Nacht zu Ende. Frühstück, die meisten trugen das Wetter mit Humor. Meine Laufschuhe waren ja trocken, wer da mit Blasen aus den Voretappen in nasse Schuhe stieg, war nicht zu beneiden. Beim Start Regen, Starkregen... Regenjacke, Laufrucksack, alle 10 - 7 km gab es einen VP, insgesamt 8 auf jeder Etappe. Ich hatte noch keine Vorstellung vom Lauftempo. Wir waren über lange Zeit ein Frauen-Quartett, dann -Trio.
    Die Strecke führte größtenteils den Radweg Berlin - Usedom entlang: von Eggesin nach Ückermünde (10km) von dort nach Mönkebude (19km). Danach Richtung Anklamer Fähre (VP 4 = 34 km, etwa Halbzeit) viele km am schönen Oderhaff entlang, landschaftlich sehr reizvoll, in der Ferne, auf der anderen Seite sah man Usedom mit der Karniner Brücke... Leider keine Muße zum Verweilen. Es regnete kaum noch, die Schuhe waren dennoch pitschnass - schon durch reichlich Pfützen, Wasser auf den Wiesen gewatet. Blasen waren bereits zu spüren. Statt Regen hieß es nun Kämpfen gegen den Wind. Ich hatte noch frische Beine und lief die gesamte Windkante von vorn, es kostete viel Kraft... neben den Oberschenkeln besonders mental - wann würden wir endlich aus diesem Wind raus sein... Grit und Gundi (am Ende Gesamt-Vierte und -Fünfte) hatten bereits Energie auf den vorangegangenen Etappen gelassen.



    Apropos Energie - wie diese aufzufüllen war, im Hinblick auf die schlauchende Strecke und die Etappe am Folgetag hatte ich keine Ahnung. Wir waren auch nicht langsam unterwegs, überholten stetig Läufer der zuerst gestarteten Gruppe, die bis zu 3-4h länger unterwegs waren. An den VPs hielten wir uns nur kurz auf: Trinkflasche auffüllen (Wasser, später Wasser+Cola), ein paar Schluck trinken, Salzstangen, etwas Wassermelone oder ein Stück Pellkartoffel... mehr wollte nicht rein. Hinter Anklam löste sich unser Trio auf, ich konnte das Tempo nicht halten... vor allem, weil mein Magen zu rumoren begann... noch 30km... irgendwann zwischen Anklam und Zecheriner Brücke das erste Waldklo aufgesucht... es sollte nicht das letzte bleiben. Nun erst recht nur noch Minimalverpflegung: Salzcracker und Cola... da kommt keine Kraft dazu... endlich Usedom, Zecheriner Brücke erreicht, wieder im Wind... allein. Das störte mich nicht. Die Strecke war markiert, ich kannte mich hier aus. Was manchmal auch von Nachteil ist, die letzten 8-9 km zogen sich nochmal, aber endlich war Eckis Stimme am Ziel an der Schule in Usedom zu hören. Die 1. Etappe geschafft, abgesehen von Blasen und Magen war ich zufrieden. 8h:13... die Verdauungsprobleme haben etwas Zeit gekostet, aber das gehört dazu... ich blieb in der 2. Startgruppe, was eine Std. mehr Erholung bedeutete ... warme Dusche... Schlafplatz gesucht... Zielverpflegung war wieder reichlich, bis zum Abendessen würde es noch dauern... ich blieb bei Tee und Salzgebäck... etwas Obst. Immerhin blieb alles drin. Immer noch wurden ankommende Läufer begrüßt. Als wir schon beim Abendessen waren, erhielt Gerhard, der letzte Läufer, stürmischen Beifall. Und zur Siegerehrung wurden ebenso die Helferteams geehrt. Weiterhin nicht die Etappen-Sieger, sondern die mit dem gleichmäßigsten Durchschnittstempo auf den 4 bisherigen Etappen. Es gab tatsächlich Läuferinnen und Läufer mit nur 10-15 Sek. Abweichung...



    Die Nacht blieb es trocken, der Morgen begrüßte uns mit Sonnenschein... Es würde warm werden und wie Jörg Stutzke (mit Ehefrau Silke sowie den Lauffreunden der LG Nord langjähriger Organisator des Baltic-Runs)am Vorabend meinte, wir würden mit anderen Hindernissen zu kämpfen haben - den Radfahrern und Urlaubern auf der Strandpromenade. Dagegen waren die Hügel bei Korswandt sowie entlang der Küste eher geringere Hürden.
    Ich war überrascht, dass sich meine Beine gut anfühlten... Die Zehen hatte ich besser geschützt... bin trotz VP mit Laufrucksack gestartet. Flüssigkeit für unterwegs, ein - zwei Riegel, das Gel für den Kopf nutzte ich nicht. Schon weil ich immer noch vorsichtig mit Essen und Trinken war. Wir starteten im zügigen Ultra-Tempo, diesmal bis zur Ostseeküste mit Gundi aus Mainz zu zweit. Über weite Strecken kannte ich mich aus... anfangs unterhielten wir uns noch, später war jeder mit sich beschäftigt, auf die Strecke konzentriert. Es war Urlaubswetter... alle wollten Richtung Strand, nur wir liefen vorbei... Auch das Hinterland war reizvoll... eine schöne und anspruchsvolle Etappe, oft in der heißen Sonne. Aber endlich war sie da... Bei km 26 sahen wir sie vor uns - die Ostsee. Es war auch ein Kulturschock: Menschen über Menschen, hinter Heringsdorf-Bansin wurde es weniger und manche fragten, wie weit wir noch wollten, wo wir gestartet waren.... ungläubige Blicke. .. Die Wärme schlauchte allmählich, Energie führte ich nicht wirklich zu. Die Beine liefen ganz gut. Bei km 35, Zeltplatz Ückeritz überholte ich Sigrid Eichner, sie lief nach den Ruhetagen erstaunlich. Dann kam das "alpine Stück" der Laufstrecke, das kannte ich schon vom Usedom -Marathon. Endlich kam Zinnowitz, letzter VP, das Ziel schien magnetische Wirkung zu haben. Ich konnte im Tempo noch einmal zulegen, überholte dabei noch zwei Läuferinnen vor mir, trotz Sand, durch den wir die letzten km stapfen mussten... Entgegen kommende Radfahrer feuerten einen an, nur noch 2 km, nur noch 500 m... dann kam der Zielbogen in Sicht... nach 7h10.



    Geschafft... neue Erfahrung mit zwei Ultra-Etappen.


    In einer verschworenen Gemeinschaft von Läufern und Helfern, jeder bekam einen Riesen-Applaus... alle freuten sich mit jedem finisher... 50 hatten es von 63 an den Start gegangenen geschafft. Was für eine Leistung! Davon einige, die zum ersten mal an einem Etappenlauf teilnahmen.


    Ich musste erstmal sparsam Nahrung auffüllen... es gab ein leckeres Büffet, Urkunde, Ehrung für alle.



    Ich bin froh, dass ich beim Zieleinlauf des vorerst letzten Baltic-Runs dabei war... Dank an Enrico, der mich dazu angestiftet hat. Dank an die Organisatoren und Helfer!
    Ich habe nette Leute kennen gelernt, einige Erfahrungen hinzu gewonnen, sowohl beim Laufen selbst, als auch in Gesprächen im Anschluss.
    Es gibt jede Menge an ungeahnten Herausforderungen jenseits des Marathons.
    Freiwillig... die einem nicht nur neue Seiten an sich selbst zeigen können...
    Ich kehre mit sehr viel mehr Gelassenheit in den Alltag zurück.



    Und freue mich auf den nächsten Ultra... nach dem Lauf ist vor dem Lauf...